LEAP25
Ausgabe des LEAP - The Luxembourg Encouragement for Artists Prize, der 2016 ins Leben gerufen wurde und alle zwei Jahre einen Künstler oder eine Künstlerin oder eine Künstlergruppe aus dem zeitgenössischen Milieu auszeichnet. Unter den Bewerbungen, die bei der Ausschreibung im Dezember 2024 eingereicht wurden, wurden vier Finalisten von einer internationalen Jury ausgewählt. Daran schließt sich eine gleichnamige Gruppenausstellung in der Konschthal vom 29. März bis 27. April 2025 an. Der Preis für den Preisträger wird im Rahmen der Vernissage am Freitag, den 28. März 2025, verliehen.
Der LEAP-Preis ist eine Unterstützung für Künstlerinnen und Künstler aller Disziplinen der visuellen Kunst, deren Talent und Vision sich in jüngster Zeit hervorgetan haben und die bereit sind, den nächsten Schritt zu tun. Über die Auszeichnung hinaus zielt der Preis also darauf ab, die Sichtbarkeit der preisgekrönten Künstlerinnen und Künstler zu erhöhen und sie dauerhaft in der Welt der zeitgenössischen Kunst zu etablieren.Zum ersten Mal erhalten die vier ausgewählten Finalisten im Vorfeld der Ausstellung eine Residenz: Mike Bourscheid, Rozafa Elshan, Jil Lahr und Lynn Scheidweiler werden im Bridderhaus aufgenommen, wo sie vor der Ausstellung in der Konschthal eine einmonatige Künstlerresidenz erhalten. Diese Residenz bietet ihnen ein kreativitätsförderndes Umfeld sowie finanzielle und logistische Unterstützung, um ihre künstlerischen Projekte in Vorbereitung auf ihre Ausstellung zu entwickeln.
Rozafa Elshan
Rozafa Elshan wurde 1994 in Luxemburg geboren und kosovarischer Abstammung. Mithilfe der Fotografie erforscht sie die Beziehung zwischen Körper, Raum und Zeit und nutzt auch Zeichnungen, Skulpturen und Installationen, um bewegliche und sich verändernde Formen zu materialisieren. Ihre Arbeit versucht, eine Struktur einzuschreiben, die ständig neu geschrieben wird, indem sie mit den Grenzen zwischen Körper, Raum und Welt experimentiert. Durch verschiedene Anordnungen und Rhythmen hinterfragt sie die Manipulation von Strukturen und die Körpererfahrung in einer alltäglichen Landschaft. Ihre Installationen, die immer an den Kontext angepasst sind, verursachen ein Ungleichgewicht, das zu Bewegung und einer Form von Freiheit anregt, indem es persönliche Starrheiten und Gewissheiten überwindet. Ihre Arbeit folgt einer kompositorischen Herangehensweise, in der die Horizontalität als gemeinsame Landschaft und die Vertikalität als gegenwärtiger Einschnitt verstanden wird. Diese Gegenüberstellung eröffnet ein komplexes Feld, das ständiger Erprobung unterliegt. Der Körper agiert als handelnde Instanz in ständigem Austausch mit seiner Umgebung. In diesem Prozess entstehen plastische Werke, in denen Erscheinen und Verschwinden untrennbar ineinandergreifen. Sie zeichnet eine Linie des Daseins, die sich im Spannungsfeld zwischen Rand und Sehnsucht bewegt. Der Körper wird zum Ausgangspunkt einer Recherche, die fortlaufend bestehende Ordnungen herausfordert. Durch die Verbindung verschiedener Medien entsteht eine lebendige Komposition, die Raum und Zeit neu auslotet und etablierte Konventionen durchbricht, um neue Erfahrungsräume zu eröffnen.
Mike Bourscheid
Mike Bourscheids auf Skulpturen und Performances basierende Praxis, bei der er oft unbeholfene Anhängsel und Prothesen herstellt, nutzt wechselnde, oft geschlechtslose Persönlichkeiten und abjekten Humor als Mittel, um Aspekte seines eigenen luxemburgischen Erbes sowie die Absurditäten des normativen männlichen Ausdrucks und der patriarchalen Macht zu erkunden. In Bourscheids Performances werden diese „Kostümobjekte“ oft zu eigenständigen Akteuren, die gleichzeitig als „rituelle Semaphoren und als theatralische Requisiten“ fungieren. Ein Großteil von Bourscheids Arbeit zeigt, dass die Handlungen und die Ausstattung dieser Figuren nicht mit ihrer Umgebung übereinstimmen. Der Prozess, in dem der Künstler die exzentrischen Fähigkeiten erlernt, die für die Herstellung seiner Werke notwendig sind - vom Modellbau über das Backen bis hin zur Glasbearbeitung -, ist ein grundlegender Teil seiner Praxis und ein wichtiges Mittel, um Stereotypen von männlicher und weiblicher Arbeit zu hinterfragen und zu widerlegen (die er schon früh an der Trennung der Fähigkeiten seiner eigenen Eltern beobachtete - seine Mutter war Näherin und sein Vater Schweißer).
Lynn Scheidweiler
Lynn Scheidweiler ist eine in Luxemburg lebende Künstlerin, deren Praxis an der Schnittstelle von darstellender und bildender Kunst angesiedelt ist, mit einem starken Schwerpunkt auf sozialem Engagement und partizipatorischer Erforschung. Ihre Arbeit wird von einer anhaltenden Neugier auf das Zusammenspiel von Raum, Performance und Publikumsinteraktion angetrieben, wobei sie Räume schafft, in denen Kunst zu einer gemeinsamen Erfahrung wird.
Im Mittelpunkt von Scheidweilers Ansatz steht die Verwendung von Interviews als Methode der Recherche und Materialsammlung. Indem sie Stimmen, Zeugnisse und Perspektiven sammelt, verwandelt sie diese Erzählungen in skulpturale Arbeiten, Gemälde, Installationen und musikalische Performances. Dieser Prozess fördert einen vielschichtigen Ideenaustausch, der unterschiedliche Realitäten zu einer gemeinsamen kreativen Sprache verwebt.
Die Zusammenarbeit ist ein Eckpfeiler ihrer künstlerischen Praxis. Als Gründungsmitglied des Dunne Jungs Kollektivs seit 2017 hat Scheidweiler partizipatorische Installationen und Performances entwickelt, die das gemeinsame Schaffen und das Engagement des Publikums in den Vordergrund stellen. Die Serie des Kollektivs, Landscape of Questions + Answers, wurde bereits in Räumen wie dem Raum für drastische Maßnahmen Berlin, der Galerie Ladons Hamburg, den Wagenhallen e.V. Stuttgart, der Galerie Mitte Bremen und der HuMBase Stuttgart realisiert.
Ihre Skulpturen und Installationen fungieren oft als dynamische Rahmen, die durch die Beteiligung der Besucher aktiviert und vervollständigt werden. Dieser Ansatz spiegelt ihre Überzeugung wider, dass Kunst ein lebendiger, interaktiver Prozess ist, der von der Zusammenarbeit und dem Engagement der Gemeinschaft lebt.
Sie studierte Bühnen- und Kostümbild an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und an der École Nationale Supérieure des Arts Visuels de la Cambre in Brüssel. Im Jahr 2022 absolvierte sie das Post-Master-Programm École Offshore an der École Nationale Supérieure des Arts et du Design Nancy.
Scheidweilers Theaterarbeit wurde unter anderem am Theater Freiburg, Théâtre Royal Flamand (KVS) in Brüssel, DOCK 11 Berlin, Rotondes in Luxemburg, Philharmonie Luxemburg und Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg gezeigt. Dieser Hintergrund im Theater bereichert ihre künstlerische Praxis und bringt einen Schwerpunkt auf räumliches Bewusstsein und performative Elemente in ihre visuelle Kunst ein.
Jil Lahr
Jil Lahr (*1991, Luxemburg) arbeitet und lebt in Hamburg. In ihrer künstlerischen Praxis arbeitet sie interdisziplinär mit verschiedenen Medien, wie Malerei, Skulptur und Installation. Wiederkehrende Motive und Objektinstallationen sind Alltagsgegenstände wie Naturalien, Verpackungen, Gefäße, Kuriositäten und Souvenirs. Das Sammeln und Kombinieren bildet den Kern ihrer künstlerischen Arbeit. Durch Akkumulation, Subtraktion und Sakralisierung des vermeintlich Vertrauten wird der Blick für das darin verborgene Außergewöhnliche geschärft. Das Verfahren des Zusammenstellens, Sammelns und Präsentierens reflektiert kulturelle, soziale und historische Kontexte, indem es unterschiedliche Elemente in einen dialogischen Raum bringt. Analog zu Aby Warburgs Mnemosyne entwickelt sie auf diese Weise Topografien, die Ähnlichkeiten, Symbolik, Mehrdeutigkeit und den ideologischen Kern von Objekten durch Serialität erkunden, indem sie dem Betrachter einen Raum für Bilderwelten, Assoziationen und Erzählungen bietet. Wie in den Kuriositätenkabinetten der frühen Museumsgeschichte kombiniert sie Objekte und Gemälde unterschiedlicher Herkunft zu ortsspezifischen Installationen. Dabei greift sie auf eine umfangreiche Sammlung zurück, die oft aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst wird. Die daraus resultierenden neuen Assoziationen offenbaren oft die bizarren und humorvollen Aspekte von Produkten, wobei der Schwerpunkt auf der Konsum- und Unterhaltungskultur liegt. Ihre Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen und Projekten vertreten, u.a. im Kunsthaus Hamburg, Sammlung Falckenberg, Kunstverein Harburger Bahnhof, ABC, Galerie Oel-Früh, in der Kunsthalle Ost, im Bridging Cologne, im BEEK e.v. - space for time-based media and sound, im Suburbia Contemporary und anderen. Ihre Arbeit und Praxis reicht von Einzelausstellungen und Kuration bis hin zu kollaborativer, projektbasierter Arbeit.